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Beihilfe zahlt Invisalign

Verehrte Leser und *
liebe Kollegen

am 31.05.2011 hat der Verwaltungsgerichtshof von Baden- Würtenberg
(Beschluss 2S 191/11) in Mannheim die Beihilfefähigkeit festgestellt.

Beihilfe zahlt Invisalign® transparente Zahnspangen

Wachsender Beliebtheit erfreut sich die Anwendung transparenter Schienen zur kieferorthopädischen Zahnausrichtung. Das Verfahren ist zumindest seit 2006 auch in der Bundesrepublik Deutschland als Schulmedizin anerkannt und wird von den Privaten Krankenversicherungen nach entsprechender Einzelfallprüfung regelmäßig bezahlt (LG Koblenz, Urt. v. 16.3.06, 14 S 388/03, NJW-RR 06, 970; LG Köln, Urt. v. 30.01.08, 23 O 239/05; LG Lüneburg, Urt. vom 20.02.07, Az. 5 O 86/06; AG München, Urt. v. 30.10.08, Az. 223 C 31469/07).

Der beihilfeberechtigte Kläger beanspruchte aktuell für seinen minderjährigen Sohn Leistungen der Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK) für kieferorthopädische Maßnahmen gemäß einem kieferorthopädischen Behandlungsplan vom 01.04.2009. Darin wurden folgende Befunde und Diagnose erhoben: Anomalie des progenen Formenkreises, Kopfbiss 23, 24, 33, 34, Kreuzbiss 24, 35, Wachstumsmuster vertikal, Weisheitszahnanlage röntgenologisch in allen Quadranten bereits feststellbar. Als Therapie wurde empfohlen: Sicherung der Okklusion mittels Einsatzes der Invisalign®-Technik, Behandlung des Rezidivs, transversale Nachentwicklung im Oberkiefer, Retention des Ist-Zustandes im Unterkiefer, Beseitigung des Kreuzbisses, Beseitigung des Kopfbisses. Die Behandlungsdauer wird mit ca. 1-1 ∏ Jahren prognostiziert.

Nach § 30 Abs. 1 der Satzung der PBeaKK in der Fassung der 76. Änderung vom 01.07.2010 haben Mitglieder und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen. Erstattungsfähig sind Aufwendungen nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung dann, wenn sie beihilfefähig sind gemäß § 6 Abs. 1 Bundesbeihilfenverordnung und entsprechende Leistungen in der Satzung vorgesehen sind. Ersteres ist der Fall, wenn es sich um notwendige und wirtschaftlich angemessene Aufwendungen handelt. Letzteres ist gemäß § 32 Abs. 2 der Satzung der Fall bei kieferorthopädischen Leistungen, wenn die behandelte Person bei Behandlungsbeginn das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder bei schweren Kieferanomalien eine kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlung erfolgt (vgl. der identische Wortlaut in § 28 Abs. 2 Satz 5 SGB V und § 4 Abs. 2a Beihilfenverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen v. 27.03.1975).

Beide Voraussetzungen sah der Verwaltungsgerichtshof Mannheim als gegeben an und verurteilte nun die PBeaKK, die Kosten dieser Behandlung einschließlich sämtlicher Materialkosten zu tragen. Die PBeaKK ist eine Sozialeinrichtung der früheren Bundesanstalt für Post und Telekommunikation der Deutsche Bundespost für 362.662 Mitglieder mit ihren 200.670 mitversicherten Angehörigen. Sofern die PBeaKK Leistungen bewilligt oder hierzu durch ein Verwaltungsgericht verurteilt wird, besteht auf der Grundlage der Bundesbeihilfeverordnung eine Bindung der Beihilfeträger, ebenfalls entsprechende Bewilligungen im Rahmen der Beihilfe auszusprechen. Dies gilt dann entsprechend auch für die Beihilfeberechtigten eines Landes oder einer Kommune. Hilfreich ist es dann für vergleichbar Betroffene, sich auf die behördlichen Aktenzeichen zu beziehen, in denen Beihilfe für Invisalign® bereits bewilligt worden ist (Deutsche Post AG, Beihilfecenter in 38030 Braunschweig: Az. 4220-1 / 3793 und 4220-5-3992 sowie PBeaKK: Az: 01-12 VRS 10 015 und 01-11-VRS 11 209).

Die Aligner-Behandlung ist damit nicht mehr nur eine Behandlung für Versicherte von Privaten Krankenversicherungen. Erstmals wurde gerichtlich so bestätigt, dass auch Versicherte der PBeaKK und damit auch die Beamten des Bundes, der Länder und der Kommunen einen Anspruch auf tarifliche Erstattung der Kosten dieses Behandlungsansatzes haben können. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigt dies unter der Prämisse, dass die konkret geplante Invisalign®-Behandlung jedenfalls nicht teurer ist als eine herkömmliche Multibandbehandlung. Dieser Nachweis wird regelmäßig dadurch geführt, dass der Kieferorthopäde gebeten wird, einen alternativen Heil- und Kostenplan zu erstellen, der eine Multibandbehandlung vorsieht (vgl. zu diesem procedere LG Koblenz, s.o.). Ferner muss in dem Heil- und Kostenplan, der vor Behandlungsbeginn vorzulegen ist, konkret ausgewiesen sein, wie viele Zahnschienen voraussichtlich zum Einsatz gelangen werden und was diese unter Berücksichtigung und Weitergabe der herstellerseits gewährten Rabatte kosten. Auf der Grundlage dieser Information dürfte dann regelmäßig mit einer Kostenzusage der Beihilfestelle für die Behandlungskosten einschließlich sämtlicher Material- und Laborkosten im Einzelfall zu rechnen sein.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.05.2011, 2 S 191/11

Mitgeteilt von:

Kanzlei für Medizinrecht
Rechtsanwalt Michael Zach
Volksg